Gegrilltes und Aufbruch

Viele Reiche durchritt ich in den darauffolgenden Tagen, auf der Suche nach Pippin und anderen Mutigen, die gewillt sind, sich furchtlos ins Abenteuer um die Befreiung der Seeschlangen zu stürzen. Die Reise war lang und beschwerlich, hatte ich doch viele Hürden zu nehmen. So kam ich an dem Tage der nächsten Zusammenkunft recht spät in mein Reich, wo sich am Lagerfeuer schon eine kleine Gesellschaft eingefunden hatte. Gandalf der Graue bot mir liebenswürdigerweise einen Platz an, sodaß ich mich ein wenig ausruhen konnte. Es duftete köstlich und man erzählte mir, daß Lady Lucy in Begleitung von Gandalf ein Reh geschossen habe. Die Keulen brutzelten schon verlockend über dem Feuer. Lady Armarcia hatte wohl schon ein klein wenig Wein zuviel getrunken, denn ihr Schluckauf war nicht zu überhören. Sie hatte ja auch Hunger und man weiß ja, wie Wein ohne gute Grundlage zu Kopf steigen kann. So schlich sie sich zum Feuer und schnitt sich ein gutes Stück von der bereits knusprigen Außenseite ab. Auch Engelchen konnte nicht widerstehen und verbrannte sich dabei die Finger. So schnitt Gandalf auf die Bitte des Auges hin(welches die Vormundschaft über Engelchen Veronika hat) auch ein Stück für die Kleine ab. Freundlich, wie er nunmal ist, versorgte er uns alle mit einer guten Portion und gierig verschlang Lady Lucy das deftige Stück Fleisch. Kauend erzählte sie uns von der Gefangenschaft: "Ich war in den Minen der weißen Stadt, die Druiden schafften uns dorthin, dies verlogene Pack." Gandalf meinte selbst vor längerer Zeit in der weißen Stadt bei den Elben gewesen zu sein und so wie er wunderten wir uns über Lucy´s Erzählung: "Es ist ein übler Ort, all der Prunk und die Schönheit fordern ihren Preis. Die Herzen der Elben, welche sie gründeten, sind verhärtet." Auch Armarcia, die jetzt satt und wieder nüchtern war, konnte es nicht glauben: "Elben sind doch ein liebevolles Volk. Ich lernte einmal ihre Sprache. Es war die Sprache der Waldelfen, Isdira genannt." Gandalf konnte sich auch an die Sprache der Waldelfen erinnern: "sanyasala feyiama" Geheimnisvoll klangen die Worte im Munde des Zauberers. "Isdira ist eine schwere Sprache." In Erinnerung versunken nippte Gandalf an seinem Wein. Da ich auch eine zeitlang bei den Elfen weilte, als ich mit dem kleinen Gnom Puk auf der Suche nach den verschollenen Welten dort gelandet war, verstand ich die Worte des Zauberers. Sie bedeuten: `Willkommen Elbenfreund` und intuitiv, wie Kinder nun mal spüren, verstand auch Engelchen die Bedeutung: "Ihr müßt nur mit dem Herzen hören - nicht mit den Ohren!" Lady Lucy dachte angestrengt nach: "Nun, ich habe viele Sprachen dort kennengelernt, doch meist nur einzelne Worte...in der Erinnerung vermischen sie sich. Geblieben sind nur die Befehle, welche sie uns zuriefen und der Geschmack ihrer Peitschen." Lady Armarcia schüttelte mit dem Kopf: "Ich glaube nicht, daß Elfen peitschen können, außer sie haben das Böse vor sich." Knurrend fiel Lucy´s Blick auf Armarcia:"Denkt Ihr, ich wäre das Böse?" Beschwichtigend redete Lady Armarcia auf Lucy ein: "Sicher nicht..." lächelnd hielt sie ihren Kopf schief "...doch wenn Ihr so knurrt, hört sich´s fast so an." Versöhnt meinte Lucy: "Es gibt überall solche und solche Elben, doch dort habe ich es gespürt...Gier wuchert auch in den Herzen der Elben...wie anders hätten sie die weiße Stadt erbauen können und das, was sie nun in den Minen fördern lassen, dient ihrer Gier nach Prunk." Gandalf, dem man nicht anzusehen vermochte, was er dachte (was ja den Zauberern eigen ist) meinte, daß es nicht Gier war, warum die Elben die weiße Stadt erbauten, sondern ein Schutzwall gegen das Böse. "Es waren einst die Zwerge, sie gruben in den Minen von Moria nach Mithril und ihre Gier war es, die Wesen zutage förderte, die sie besser unter der Erde gelassen hätten. Die Elben stehen über den Dingen wie Reichtum ...es ist nicht ihr Ding." Kopfschüttelnd meinte Lady Lucy: "Wenn Ihr mir nicht glaubt, geht erneut in die Stadt und seht selbst... all das Gold, die Juwelen... sie haben sich entfremdet." Nachdenklich klang die Stimme ded Zauberers, als er Lady Lucy erwiderte: "Lange war ich nicht mehr in der weißen Stadt, doch werde ich morgen in jene Richtung reiten und prüfen, was Ihr sagtet Lucy."

Während Engelchen sich zum See schlich, um die Harfen der Seeschlangen zu hören, erzählte Lady Armarcia von ihrer Vergangenheit. Als letztes Einhorn rettete sie, durch einen Zauberer in eine Menschenfrau verwandelt, ihre Brüder und Schwestern vor dem Roten Stier. So war sie jetzt ein Zwischenwesen, weder richtig Einhorn, noch Mensch, denn sie fühlte nun die Sterblichkeit und Leid, aber auch Liebe. Seufzend hörte Lady Lucy die Geschichte der Einhörner: "Auch mein Gefährte Kotuc ist ein Zwischenwesen, halb Wolf und halb Mensch...wißt Ihr, ob man einen solchen Fluch brechen kann? Kann es denn nie wirklich rückgängig gemacht werden?" "Man kann ihn durch das Gute brechen, Lucy, durch Liebe." Gandalfs Stimme verbreitete eine wohlklingende Wärme. Zustimmend und mich an meine Träume erinnernd nickte ich ihm zu: "Ich denke auch, denn die Liebe ist die größte Magie." Stotternd seufzte Lady Lucy: "nun...ich...doch wie soll ich...was muß ich denn tun...ich liebe ihn doch..." "Ihr müßt Geduld lernen mein Kind..." Väterlich schaute Gandalf ihr tief in die Augen. "Ach, vielleicht habt Ihr recht Gandalf, ich bin zu ungestüm."

Plötzlich hörte ich Pferdehufen...die Condesa aus den iberischen Landen ritt im Gallopp auf einem braunen Gaul am Feuer vorbei. Rasch zügelte sie ihren ungestümen Hengst und trabte ans Feuer. Gandalf lud sie ein, am Feuer Platz zu nehmen und ich bot ihr etwas von unserem Reh an. Auch das Auge mit seinem Engelchen kamen vom See herbeigelaufen; sahen sie doch das Pferd der Condesa von Weitem schon. Die Condesa begrüßte die Gemeinschaft am wärmenden Lagerfeuer: "Ich bin diejenige, die mancher Zungen mächtig, durch die Wälder und Steppen zieht und mein Brauner wurde speziell gezüchtet, um mich zu tragen - aus den Weiten - in die Weiten, in die Wälder - zu den Seen." dankend nahm sie den Wein von Lady Armarcia entgegen. Engelchen, welche sich intuitiv an unsere Aufgabe erinnerte, da sie ja gerade vom See kam, wo wieder mal ein öliger Film über dem Wasser schwamm, fragte sogleich, ob die Condesa schießen könne. "Ich kann schießen, sehr wohl, doch nur mit Pfeil und Bogen und mit dem Blasrohr, dem der Völker über dem Ozean." Gandalf der immer noch über die Elben sinnierte, horchte auf, denn die wunderschönen Sprache der Elfen klang in seiner Erinnerung: "Condesa, kennt ihr auch die Sprache der Elben?" "Der Elben Zunge kenn´ ich nicht, oh Gandalf, doch wäre es lieb von Euch, mir ein Exempel darzubieten. Dann könnt ich proben, ob ich´s verstehen kann. Die Sprachen der Nordischen, welche ja dem Elbischen ihr Fundament gaben, sind mir nicht so sehr geläufig, doch wissen wollt ich´s schon." So sprach Gandalf wieder etwas in sich gekehrt : "a´dao bhanda" (=Ich werde darüber nachdenken) Gandalf und das Auge beobachteten den Himmel, denn ein Sturm braute sich zusammen. Armarcia rückte fröstelnd näher ans Feuer. Indess ich der Condesa die Sprache der Waldelfen erklärte, sah Gandalf zu Lucy hinüber. Er spürte ihre Traurigkeit, wie sie so gedankenversunken ins Feuer blickte. Sie spürte seinen fragenden Blick und sagte: "Ich muß immer wieder an Kotuc denken, dabei kam ich doch her um zu vergessen. Meine eigenen Gedanken fallen mir zur Last." "Er wird das Wolfsgesicht verlieren, durch Eure Liebe, Lucy." tröstend waren Gandalfs Worte. "Ich hoffe es...und doch weiß ich nicht einmal, ob er es will. Ich will ihm das Tier nicht rauben, denn es macht ihn stark. Meine Liebe würde ihm nehmen, was sein Überleben sichert." Während Engelchen und ich Lady Lucy tröstend in die Arme nahmen, meldete sich die Condesa zu Wort: "Lucy, Liebe sichert Überleben, sie nimmt es nicht." nachdenklich erzählte sie weiter: "In meiner iberischen Heimat, oh Lucy, lebten auch zwei Welten friedlich nebeneinander, bis eine von ihnen die andere aus Machtgier vertrieb und damit die Wissenschaft, die Schrift-und medizinkundigen, die Mathematiker...alle mußten flüchten. Zurück blieben jene, die glaubten, ihr Glaube sei der einzig wahre. Sie vertrieben zwei Vettern Völker, ähnlich im Glauben, doch nicht gleich: die Mauren und die Juden...lang ist es her, etwa 500 Jahre..." Traurig seufzte Lucy: "Wozu das alles, die Geschenke der Erde sind unermeßlich...niemand müsste leiden. Weshalb muß ich ein Land besitzen und mir untertan machen, wenn es mich doch auch so reich beschenkt...Und egal, wie wir sie nennen, die Macht, zu welcher wir das Haupt erheben, sie bleibt die Gleiche." In den Himmel schauend zog sich Lucy die Kapuze ihres Capes bis über die Nase. Gandalf stand mit dem Blick zum Horizont gerichtet auf. Die Worte der Condesa wurden nun fast von dem Tösen des Sturmes übertönt: "Ja, die Geschenke der Erde sind unermeßlich, doch jedes Geschenk hat seine Kehrseite. Unmenschlich können auch sie sein- die Erde, unsere Natur...doch sie schenkt uns unser Wesen, und es beinhaltet die dunkle und die helle Seite!"

"val glode ir sala - a´dao nurdrala bha. sanyaza feygra! "
wortgewaltig ertönte die Stimme Gandalfs.
(was sinngemäß bedeutet: "Der Behüter des Feuers wird wachsen und ich werde achtgeben. Weiche zurück, Feind! )

Mächtig sind die Zungen der Waldelfen, denn das Unwetter verzog sich Richtung Norden, wo es herkam. Als ob die Magie des Zauberers nicht nur den Sturm vertrieben hatte, erschien ein Ritter am Horizont, sein Schwert schleifend hinter sich herziehend, den Kopf mit einer Scherpe verbunden. "Seid gegrüßt ihr edlen, Schlimmes ist mir widerfahren." Erschöpft setzte sich Pippin ans Lagerfeuer und berichtete: "Gandalf, alter Recke, die Düsteren des Nordens haben die Säbel gewetzt. Ich kannte sie nicht, die Übermacht war zu groß. Aber ich hörte, wie sie von der Mondblume sprachen und dies beunruhigt mich doch sehr." Engelchen, nun wieder hellwach flötete glücklich: "Sie wartet auf Dich Pippin...ich höre sie. Au fein, jetzt geht´s endlich los." Auch ich freute mich so sehr über meinen Ritter, daß ich vor lauter Herzklopfen fast sprachlos war. Hatte ich doch so sehnsüchtig auf ihn gewartet und meine Tauben ausgesandt in alle Himmelsrichtungen. Nun endlich war er da und die Wanderschaft konnte beginnen. Dringend mußten wir heute die Mondblume zum Blühen bringen, auf daß sie uns in ihrer Weisheit einen Rat geben könne, um die Seeschlangen aus der düsteren Gefangenschaft zu befreien. So also begann unser nächstes Abenteuer.

zurück zum Lagerfeuer
auf  zur Mondblume!!