Die Mondblume


Ein paar Tage später hörte ich einen Ruf, der von der Ostseite meines Landes herüberschallte, dorther, wo mein magisches Tor Nachrichten aus fernen Landen entgegennimmt, Gäste willkommen heißt und Reisende begrüßt. Dem Ruf folgend entdeckte ich Fußspuren am Tore, Spuren eines Reiters. Die Nachrichten, die er hinterließ waren sehr erfreulich. Jener Fremde hatte von unserer Mission gehört und war bereit mit uns das Geheimnis der Seeschlangen zu lüften. Pippin, so war des Wanderers Name, war durch mein Reich geritten und spürte die Dringlichkeit der Aufgabe. Da ich jedoch in jener Nacht auswärts weilte, begab er sich allein auf Erkundung, wobei er von einer wunderschönen Mondblume hörte, die sich nur zaghaft öffnet und zur vollen Blüte gedeiht. Doch ist ihre Weisheit wichtig, um uns den Weg zu weisen zu den dunklen Schatten im Norden. So hinterließ ich an jenem Tor eine Nachricht und Einladung für den Hobbit, der mir jedoch sehr weise erschien, fast wie einer der Magier oder Barden. Sicher kam es daher, da er längere Zeit bei den Elfen gelebt hatte und, so wie er mir später erzählte, von ihnen die Kunst des Heilens und der Kräuterkunde erlernt hatte. Weise Worte sprach er, als wir uns ein paar Tage später am Lagerfeuer trafen. Er meinte jene Mondblume ließe sich nicht finden, nur weil man sie sucht. Nur dann erst, wenn sie sich finden lassen will, wird sie sich uns offenbaren. So gingen wir erst einmal Richtung Berge, um die Gegend auszukundschaften. Doch weit kamen wir an diesem Abend nicht. Der Sternenzauber dieser Nacht legte einen so lieblichen Mantel über uns, daß wir die Erkundungen verschoben und uns nur noch unseren Gefühlen ergaben. Der edle Pippin schenkte mir den Kristall des Lichts, der auf dem Ring des Mondes schimmerte wie tausend Spiegel. "Solltet Ihr in Gefahr sein," so sprach er "berührt das Amulett, und der Ring wird mir zeigen, daß Ihr mich braucht." Eine Träne meines Herzens fiel in seine Hand und er fing sie auf und verwahrte sie, als ein Zeichen meiner Dankbarkeit und Herzenstiefe. Bei unserem Abschied gab er mir ein Geheimnis preis, welches ich bis heute nicht entschlüsseln konnte. Meine Taube flog mit all ihren Kräften überall hin, wo mich deuchte sein Antlitz zu erblicken. Doch enttäuscht setzte sich mein Täublein immer wieder auf meine Schulter und rieb ihr kleines Köpfchen an meine Wangen.

Nun harrte ich der mittwöchentlichen Nacht, wo sich in meinem Reiche am Lagerfeuer all jene einfinden, die bereit sind für die Befreiung der Seeschlangen zu kämpfen oder wenigstens Wache zu halten am Lagerfeuer, wenn wir auf Erkundung sind. Jede noch so kleine Hilfe wird dringend gebraucht. So danke ich hiermit, da ich die Erlebnisse der letzten Nächte niederschreibe, Lady Armarcia und dem Auge in der Finsternis mit seinem Engelchen Veronika. Wir ließen Lady Armarcia am Lagerfeuer zurück und brachen auf, da die Zeit drängte. Immer wieder schaute ich zurück zum Feuer, ob nicht doch Pippin noch herbeireiten würde, denn wie ich annahm, würde die Suche recht aussichtslos sein, ohne ihn. Doch schon zu lange hatten wir gewartet am Feuer und auch Gandalf erschien heut nicht(doch wir wissen ja, daß es so eine Sache ist bei den Zauberern - sie kommen und gehn, wann und wohin es sie gerade treibt - aber meist kommen sie dann doch zur rechten Zeit)
Wir gingen also immer in Richtung Berggipfel, dort, wo es am dunkelsten war. Das Auge in der Finsternis ging voran, da es mehr sah. Mühsam war der Weg und der Engel bot mir ein paar Wanderschuhe an, denn die Klippen waren sehr rutschig. Die Schuhe waren reich verziert und so leicht wie Federn. Sie liefen fast allein, denn es waren Elfenschuhe. Es ging nun stetig bergauf und schon außer Kräften erreichten wir eine Höhle. Diesen Eingang hatten Gandalf und ich bei der ersten Erkundung nur von Weitem gesehen. Von natürlicher Schönheit erschien er mir und wir verweilten ein wenig, um uns zu stärken. Da Engelchen Hunger verspürte kramte ich ein wenig lembas aus meiner Tasche, welches ich einstmals aus dem Elfenreiche mitbrachte. Das Auge erkundete derweil, ob die Luft rein war und keine Gefahr drohte. Schließlich mahnte es uns zum Aufbruch. Viele Gänge gab es in der Höhle, doch alles war so finster, daß wir uns an die Hand nehmen mußten, um uns nicht zu verlieren.

Ich schlug vor eine Fackel zu entzünden, doch im selben Augenblick erspähte das Engelchen ein Glühwürmchen, welches sich neugierig zu uns gesellte. Engel Veronika sprach mit ihm in der Kindersprache und fragte es, ob es uns führen würde. Da Glühwürmchen liebevolle Wesen sind und dem kindlichen Gemüte keine Bitte abschlagen können, führte es uns weiter auf den vom lieben Auge gewiesenen Weg. Doch manchmal schien das Glühwürmchen einen eigenen Weg einzuschlagen, doch keiner bemerkte es in der Dunkelheit. So kamen wir in einen Raum der durchdringend nach Blumen roch. Engelchen verspürte als erstes den Duft, da es noch jung war an Jahren und den Empfindungen der Sinnesorgane noch ungeteilte Aufmerksamkeit zollen konnte. Ja, es war die Mondblume, die hier in einer Knospe verhüllt stand, aber doch schon einen Duft von Frieden und Liebe ausstrahlte. Lange beobachteten wir ihre Schönheit. Wir setzten uns nieder und warteten, ob sich denn öffnen würde ihre Blüte. Doch nur ein zartes Flüstern konnte Engelchen vernehmen, welches viel Erfahrung mit der Sprache der Blumen hat. So sagte sie, daß sie sich nicht öffnen würde, wenn nicht Pippin hier wäre. In der Hoffnung, er würde noch am Lagerfeuer erscheinen und von Lady Armarcia zu uns geschickt werden, erzählten wir uns Geschichten, wie früher die Großeltern den Kindern Geschichten erzählten oder umgekehrt. Engelchen erzählte von den Blumen in ihrem Garten, mit denen sie immer spreche und die Erwachsenen es nicht verstehen wollten. Ja, die Erwachsenen wissen manchmal nicht, wieviel Kraft und Liebe in den Herzen der Kinder ist. Sie glauben nicht an Geschichten oder Märchen, obwohl doch viele Geschichten und Märchen viel Wahrheit in sich bergen. So erzählte auch ich ein Märchen, das von der kleinen Meerjungfrau. Ein sehr trauriges Märchen ist das, aber es lehrt sehr viel von Liebe, Wahrheit und Loslassen können. So verging die Nacht wie im Flug und die Mondblume lächelte. Alle spürten es... doch öffnete sie sich nicht, denn sie wartete auf Pippin. "Er wird sie mit uns gemeinsam zur Blüte bringen. Danach, so hoffe ich wird uns auch Gandalf wieder beehren, wenn es zur Reise in den Norden, zu den Schatten geht. Auch PP unser Zwerg sollte dabei sein... denn Lady Armarcia fürchtet sich allein am Feuer, an dem jemand Wache halten muß." Sie kam uns auch zitternd hinterhergeeilt und hörte noch das Ende der Geschichte bevor wir aufbrachen. Engelchen breitete seine kleinen Flügelchen aus und nahm sie mit durch die Lüfte. Der Abschied fiel uns schwer, doch wird er, so hoffe ich nur für eine Woche sein. Bis dahin werde ich meine Magie aussenden und den Zauberruf:
e lucevan e Stelle
erschallen lassen.


zurück zum Chat
wie es weiterging