Das Totenreich




































So ritten sie durch die Zeit und gelangten an den Rand des Totenreiches.
Oft mußten sie die Pferde wechseln, auf der Reise dahin, denn die Zeit zu durchreiten, war für alle Pferde eine neue Erfahrung, da sie nur von ihren Urahnen gehört hatten, daß sie dazu im Stande seien. Oft ermüdeten sie, wenn sie eine Last trugen, die sie nicht gewohnt waren. Walhar und seine Geliebte erwiesen sich als die Ausdauerndsten, welche längere Strecken reiten konnten. Sie waren verliebt und ihre Liebe gab ihnen die Kraft, dem Dunklen Gemüt zu widerstehen, welches das Totenreich wie einen Nebel des Grauens umgab. Die Pferde kannten nur den Weg zwischen den Welten, aber nicht durch die Zeit, denn dazu müßten alle Kräfte zusammenkommen und den Weg gemeinsam gehen. So lautete die Prophezeiung...






Die Nacht brach herein; alle waren erschöpft und so ließen sie sich nieder. Ein dumpfer Gestank nach Leichen lag in der Luft - also konnte das Ziel nicht mehr weit sein. Puk, der das beste Gespür von allen hatte, lief unruhig lauschend hin und her. Irgend etwas schien er zu erahnen bis plötzlich auch die Pferde wieherten. Auch Lord Arcos und die anderen sahen jetzt dieses grausame Geschöpf, welches vor ihnen stand.
Es war der erste Wächter des Totenreiches, eine erbärmliche Kreatur ähnlich der eines Wolfes. Mit fletschenden Zähnen stürzt sich die Kreatur auf Lord Arcos. Puk voller Wut schnappt sich von hinten den Schwanz und beißt kräftig hinein, welches die Kreatur einen Moment lang ablenkt. Schon hat Lord Sariell dem Tier ein Ohr abgeschlagen. Es heult auf vor Schmerz und wendet sich von Sir Arcos ab. Lord Sariell hält das Geschöpf der Nacht mit seinem Schwert so lange in Schach, bis sich Lord Arcos wieder aufgerappelt hat und dem Tier jetzt von der anderen Seite das zweite Ohr abschneidet. Puk flüchtet sich zu Lady Michelle und beide sehen angsterfüllt den Kämpfenden zu. Die Bißwunden des Tieres schmerzen Lord Arcos sehr. Nach dem kräftigen Hieb, welcher dem Wächter das zweite Ohr gekostet hat, strauchelt Lord Arcos. Seine Chance witternd setzt das Geschöpf zum letzten Sprung auf den Herrscher der Feuerwelt an. Es gibt kein Entweichen. Doch Lord Sariell wirft sich vor Lord Arcos auf den Boden und schlitzt dem Tier während des Sprunges den Bauch in voller Länge auf. Nur Lady Michelle und Puk verhindern, daß Lord Arcos unter dem Kadaver des Tieres begraben wird, indem sie ihn zur Seite rollen. Ein erbärmlicher Gestank breitet sich aus. Nachdem Lady Michelle notdürftig die Wunden des Lord Arcos und einige Kratzer ihres Geliebten versorgt hatte, beschlossen sie doch weiterzuziehen, denn der Gestank war unerträglich. Erst kurz vor dem Eingang zur Totenwelt machten sie halt. Hier verabschiedeten sich die Pferde von ihnen und ritten zurück durch die Zeiten.



Nur Xantia blieb, sie wollte mit ihnen gehen, wenn ihre Mission hier erfüllt sei. Fröstelnd und schaudernd der widerwärtigen Stimmung anheimfallend, die sich wie Nebel in ihre Herzen schlich, verbrachten sie so einige Stunden am Fuße der Hölle.
Keiner hatte mehr Kraft weiterzugehen, denn das Grauen lähmte ihre Glieder. Nur Puk versuchte intensiv alle mit irgendwelchen Späßen positiv zu beeinflussen. Anscheinend besaß der Nebel des Grauens keine Macht über ihn. So gelang es ihm, die anderen hochzureißen, um sich dieser Herausforderung zu stellen. Am Eingangstor starrte ihnen die Fratze des Bösen entgegen. Daneben standen zwei Flaschen. Puk sah sich die Flaschen genau an:
"Von einer diesen beiden Flaschen müssen wir trinken, sonst kommen wir nicht hinein."
Dies wußte er von der Stute Xantia, die ihm unterwegs viel erzählt hatte.
"Nur enthält eine davon Gift", er zögert: "doch wir müssen uns entscheiden."
Puk saß nachdenklich da und starrte auf die Flaschen. Er erinnerte sich an seinen Urgroßvater, der ihm einmal sagte: "Nicht in der Größe liegt die Macht, auch Kleines kann große Auswirkungen haben." Wieso fielen ihm gerade jetzt diese Worte ein? Er griff nach der kleineren Flasche und hielt sie hoch. Lady Michelle und ihr Geliebter sahen sich tief in die Augen und nach einem sanften Kuß, der vielleicht der letzte sein würde, tranken sie nacheinander einen Schluck. Puk und Lord Arcos taten es ihnen gleich.
Die schlimmsten Wirkungen erwartend saßen sie schweigend da, bis Puk den Totenkopf unter der Maske blinken sah. Mit einem Knopfdruck darauf öffnete sich das Tor.
Dahinter lag ein düsterer Gang und ein bekleidetes Gerippe kam höhnisch lachend auf sie zu.




"Habt ihr gedacht uns überlisten zu können?" Dem Gerippe klapperten die Knochen vor Lachen. Wild hieben Lord Arcos und Lord Sariell auf ihn ein.
"Ihr könnt mir nichts anhaben, ich bin schon tot...." Seine Augen leuchteten blutrot.
Weiter lachend drehte es sich um, und ging den Gang entlang, ohne sich umzublicken.
Wie in einem Bann stehend gingen sie hinter ihm her. Angekommen in einem dunklen Raum sahen sie noch vier solcher Gerippe an einem Tisch sitzen. Eine Tür weiter warf sie das Gerippe mit funkelnden Augen durch die Luft an die Mauern eines Kerkers. Als der Bann nachließ und sie wieder klar denken konnten, bemerkten sie, daß Puk nicht bei ihnen war.
War ihm die Flucht gelungen? Etwas Hoffnung stieg in ihnen auf. Erschöpft schliefen sie ein. Furchtbare Alpträume verfolgten Lord Sariell in dieser Nacht. Auch Lady Michelle träumte entsetzliches. Trotz inneren Widerstandes lag ein Zauber auf ihr, der sie nicht erwachen ließ.

Derweil erschien der Herrscher des Todes vor Satan, dem er dieses Reich zur Aufsicht vor Zeiten gegeben hatte und sprach: "Der Pakt mit dir geht dem Ende entgegen, denn einer ist dir entkommen. Der, welcher die Kraft des neuen Lebens in sich hat. Du weißt, daß dies dein Ende ist." Wütend über diese Nachricht starrte Satan den Tod an, welcher die Hand nach ihm ausstreckte. "Komm Satan, es ist Zeit für dich... Lange genug hast Du Dein Unwesen getrieben auf diesen Welten. So mögest Du die Strafen erhalten, die du ausgeteilt hast."
So nahm der Tod den Satan bei der Hand und führte ihn vor Gericht.


Puk, dem der Bann des Gerippes nichts anhaben konnte, wußte, daß es jetzt an ihm lag, seine Freunde zu befreien. Er versteckte sich in einem der abzweigenden Gänge und lief dann weiter in westliche Richtung, welche sich bis jetzt immer als die Richtige erwiesen hatte.
So kam er in einen Gang indem ihn zwei Augen aus einem Stierbild entgegenleuchteten.
Der Wächter des Stieres, in eine Rüstung gekleidet schien ihn nicht zu sehen, genauso, wie vorher das Gerippe am Eingang. So nahm er allen Mut zusammen und kletterte zu den Stieraugen.
Irgend etwas mußte sich dahinter verbergen. Angelangt sah er über den Spitzen der Hörner einen Gang, der in einen Raum führte, welcher spärlich mit Kerzen beleuchtet war. Viele Dinge aus verschiedenen Epochen lagen in der einen Ecke. Puk blickte sich suchend um. Ein Buch lag aufgeschlagen auf dem Tisch. Gleich wußte er, daß dies der letzte Teil der Prophezeiungen war. Ein paar Seiten davon laß er noch, bis er sich weiter umblickte. Er suchte den Schlüssel und das Amulett welche in dem Buch erwähnt wurden. Beides war wichtig, um in die verschollenen Reiche zu gelangen. Bald fand er beides in der anderen Ecke des Raumes. Das Schwert und den Revolver, welche ihnen im weiteren Kampf gut gedient hätten, mußte er schweren Herzens zurücklassen. Beides war mehr als sein Körper an Gewicht zu tragen vermochte. Ein weiterer Gang führte ihn westwärts bis er an eine Tür gelangte, dessen Klinke aus einer seltsamen Figur bestand. Als er sie berührte öffneten sich die Lippen dieser Kreatur.
"Was willst du?" metallisch ächzend klang die Stimme. Puk, der einige Seiten des Buches verschlungen hatte, wußte wie er antworten mußte.
"Ring der Macht - an uns gebracht"
Dies war eine geheime Tür, welche direkt in den Kerker führte.So wie er die Worte gesprochen hatte, öffnete sich das Maul der eisernen Figur und darin lag der Ring, das letzte Utensil, welches noch fehlte, um in die verschollenen Lande zu gelangen.





Er nahm ihn und drückte mit dem Siegel auf die Stirn der Figur.
"Riegel hier, öffne dich mir"
und sogleich schob sich die Tür auf. Er trat in den Kerker und sah seine Freunde dort liegen. Die Türe schloß sich hinter ihm, doch er wußte, daß er mit dem Schlüssel die Türe öffnen konnte, den die Freunde gekommen waren. Er rüttelte sie aus ihren dunklen Träumen. Nur Lord Arcos war nicht wach zu bekommen, denn sein Alptraum war der Schlimmste von allen. Er hatte den Satan gesehen in der Blüte seiner Macht. Kein Rütteln half um ihn dem Banne des Traumes zu entreißen. Da legte Puk das Amulett der Liebe auf seines großen Freundes Herz und endlich erwachte er.
Kurz umrissen erzählte Puk seine Geschichte und erklärte seinen Gefährten
die Verwendung der Dinge, die er gefunden hatte.
Das Amulett der Liebe, welches er Lady Michelle gab,
den Ring der Macht, den er dem Herrscher des Nebelreiches übergab
und den Schlüssel zu dem Tor der Welten, den Lord Arcos erhielt.
Weiter las er ihnen noch aus den Prophezeiungen vor,
das was sie zur Zeit wissen mußten.






Während Puk auf der Suche nach den verschollenen Dingen war und die Gefährten im Kerker träumten hatten auch die Delphine ihre letzte Aufgabe aus den Prophezeiungen erfüllt und den letzten Wächter des Reiches durch ihre schrillen Laute, welche hier noch nie gehört wurden, besiegt. Nie waren diese liebenden Geschöpfe in solch düsteren Gefilde geschwommen.

Nachdem der Wächter und sein Pferd sich von Wahnsinn getrieben ins Meer gestürzt hatten, verließen die Delphine schnellstens wieder diese übelriechenden Gewässer.
Auch die Gefährten beeilten sich, um diesen Ort des Grauens zu verlassen. Sie bestiegen das Boot, welches die Delphine mühsam durch die Weiten des Meeres geschleppt hatten und segelten weiter, vorbei an stinkenden Leichen, immer westwärts.
zurück zu den Kapiteln
weiter ins Drachenreich