Eisbergland

Nicht lange waren sie unterwegs, oder kam es den Beiden nur so kurz vor, diese wunderschöne Zeit auf dem Schiff, in der sie sich liebten, voller Leidenschaft.
Tagsüber lagen sie in der Sonne und nachts sahen sie dem Sonnenuntergang entgegen.
Sie träumten miteinander in den Welten der Phantasie.
Puk und Lord Arcos bekamen die beiden selten zu Gesicht.
Wenn, dann wollten sie nicht stören, da man sie meistens eng umschlungen irgendwo sitzen sah. Puk freute sich über die glücklichen Augen seiner Lady, auch wenn er manchmal etwas traurig die beiden beobachtete. Er sehnte sich auch nach seinem Glück. Viel zu kurz war jedenfalls die Zeit, bis Lady Michelle das Eisbergland von Weitem sah.
Sie fuhren vorbei an gewaltigen Eismassen, wo sie hätten nicht landen können.
Nachdem sie um die Eisberge herum waren bot sich ihnen ein schier endloser Anblick eines mit Eis bedeckten Meeres. Schon wollten sie aufgeben, als sie den Herrscher des Eisberglandes im Meer auftauchen sahen. Er spaltete das Eis um für sie eine Schneise zu öffnen.
So schnell er gekommen war, so schnell war er auch wieder verschwunden.
Sie alle sahen sich verwundert an, doch wo war Puk?
Er war nicht aufzufinden und alle machten sich große Sorgen.
Verzweifelt blickten sie zurück übers Eis, welches sich hinter ihnen wieder schloß.
Lady Michelle suchte stundenlang im Schiff nach ihrem kleinen Freund, vergebens.
Der Schmerz bahnte sich den Weg aus ihrem Inneren, doch er wurde auch durch ihre Tränen nicht erträglicher. Lord Sariell nahm sie tröstend in die Arme und lange dachten die drei übriggebliebenen nach.
Was konnten sie ohne Puk tun? Die Prophezeiung konnte nur mit ihm erfüllt werden.
Lord Sariell las verzweifelt immer und immer wieder die Stellen in dem ersten Buch, die vom Eisbergland sprachen, doch immer wurde dort nur von Pferden gesprochen, niemals von Puk selbst.
Ein weißes Pferd war erwähnt, welches "den Einen" bringen würde.
Ob wohl Puk damit gemeint war? Das Schlimme war, dort endeten die Aufzeichnungen und alle vermuteten, daß sich die Weiteren in jenem Reiche befänden, welches sie als nächstes Ziel erreichen müßten. Es wurde nur erwähnt, das dieses Reich die Hölle wäre. Das war die Aussage des letzten Abschnittes. Also konnte es nicht das Land der Eisberge sein, denn außer Puks Verschwinden war ihnen noch nichts Böses widerfahren.
Lord Arcos war tief betrübt wegen seines kleinen Gefährten, der ihm auf der Reise die Sehnsucht nach seiner Frau mit seinen Späßen vergessen ließ. Nachdenklich meinte er:
"Möglicherweise müssen wir uns nicht so große Sorgen machen, denn der Herrscher dieses Reiches scheint uns wohlgesonnen". Sie mußten weiter. So kamen sie an eine Küste. Dort war vermutlich zur Zeit Sommer und obwohl die Luft kalt war, taute das Eis an einigen Stellen. So konnten sie zur Landung ansetzen. An Land rasteten sie und traurig hielten sie Ausschau nach dem kleinen Freund.

Inzwischen hatte sich die Kunde über ihr Kommen bis zur Drachenburg verbreitet, wo der Eisdrache lebte. Er war der einzige Drache, der zwischen den Welten hin und her fliegen konnte. Der Herrscher selbst sprach zu ihm, um ihn zu senden, seinen Teil der Prophezeiungen zu erfüllen. So brach er gleich auf um eine Sammlung aller Pferde einzuleiten.
Die Pferde, die er rufen sollte, konnten durch die Zeit reiten. Nur sie wären in der Lage,
die Reise zu dem weiteren Bestimmungsort fortzusetzen.
Der Eisdrache flog in das Land zwischen den Welten, zu dem Eispferd, mit dem ihn eine enge Freundschaft verband. Es war der Anführer aller Pferde und ritt sofort los, um die anderen einzusammeln. Der Drache inzwischen flog über die verschwundenen Lande und stieß seine kräftigen Rufe in die Lüfte. Die Stute Roa eilte aus dem Reiche des Sonnenunterganges herbei und auch Hengst Anju, welcher in den Bergen des Wolkenreiches lebte, hörte den Ruf.

Puk rappelte sich auf, wo war er?
Er erinnerte sich noch düster, daß er sich auf der Backbordseite über die Reling gelehnt hatte, um Bescheid zu sagen, wenn die Kanten des Eises sich zu sehr dem Schiff nähern würden und dabei war er unbemerkt von allen über Bord gegangen. Er fand sich in einem Land wieder, daß gar keine Ähnlichkeit mit den Eisberglanden hatte. Alles war grün und tiefe Wälder mit uralten Bäumen zogen sich übers Land. Er sah neben sich eine Stute, welche ihn immer wieder in die Seite stupste. Ihr Name war Xantia, und sie sprach zum Gnom: "Wir müssen uns eilen, der Ruf zur Sammlung ist erschallt." Puk verstand es zwar nicht, doch voller Vertrauen setzte er sich auf sie. So ritten sie durch das Land der Urwälder. Xantia erzählte ihm die gesamte Geschichte des Reiches und wie er hierher gekommen war.
In ein Zeitloch war er gefallen, welches ihn in eines der verschwundenen Reiche brachte. "
Nur wenige Auserkorene können in die verschwundenen Welten gelangen und der Ruf des Drachen hatte bestätigt, daß die Zeit reif war für die Erfüllung der Prophezeiungen."
Xantia war ein kluges Pferd und es kannte seinen Weg. Anfangs ging Xantia noch gemächlich, damit der Gnom etwas Ruhe haben möge und um ihm die Dinge zu erklären, die er wissen mußte. Doch bald wurde er schneller und schneller und die Lande verschwanden in einem Nebel.

Auch aus den Landen der nächtlichen Träume brachen vier Pferde auf, und eilten dem Ruf entgegen, der überall zu hören war.
Es waren Schattenfell, Pegasus, Tennor und die Stute Silbermond.
Das Eispferd, welches von ihrem Liebsten Schneeflocke genannt wurde,
hatte inzwischen die Welt der Götter durchritten und stieß dabei auf Rarix und Tabor,
die auch auf dem Wege ins Eisbergland waren. Alle Pferde aus den verschollenen Reichen,
so erzählten die Überlieferungen, mußten zusammenkommen, da sie nur zusammen mit Eispferd die Grenzen der Zeit überschreiten können.
Und so sammelte Eispferd alle, die dem Ruf gefolgt waren und sie ritten durch die Welten.

In den Eisberglanden war der Ruf schon früh erschallt und Hengst Walhar wußte, daß die Zeit angebrochen war. Er gab letzte Ratschläge an die Delphine, die noch eine einzige Mission erfüllen mußten, in einer Welt, in welche sie sich ohne Zuspruch des Walhar nie getraut hätten. Er wußte, noch hatte es Zeit bis sich alle versammelt hätten, deswegen sprach er lange mit dem Anführer der Delphine. Dann machte sich auch Walhar auf den Weg in Richtung Küste, denn es war bekannt, wo die Gäste sich aufhielten. Er war das einzige Pferd in den Eisberglanden und seine Haut schien wie Stahl. Viele Hoffnungen waren seit langem in seinem Herzen, denn er dachte an Sie. Jene, welche ab und zu aus den verschollenen Welten herbeiritt, seine Stute....
An der Küste angelangt, sah er ein Feuer an dem sich Lord Sariell und Lady Michelle eng umschlungen wärmten. Lord Arcos hauchte immer wieder ins Feuer, damit es nicht ausgehe.


Walhar trabte sacht auf die Ruhenden zu. Lord Arcos bemerkte den Hengst zuerst. Sich des Buches erinnernd ging er vorsichtig auf Walhar zu und streichelte ihn.
Die beiden Liebenden standen nun auch auf, um dieses schöne Tier zu empfangen.
Walhar begrüßte Lady Michelle und Lord Sariell, deren Augen der Liebe den Hengst an seine Braut erinnerten. Walhar erzählte ihnen von den vergangenen Tagen und versicherte ihnen, daß ihr kleiner Freund wieder zu ihnen gelangen werde.
Er erzählte ihnen auch von seiner Liebe und den Jahren der Entbehrung, da seine Liebste nur in den Vollmondnächten aus den verschollenen Landen zu ihm gelangen konnte. Die Einsamkeit und die Sehnsucht klang in seiner Stimme. "Nur sie kann es schaffen, die Zeiten zu durchreiten und dadurch wird "der Eine" wieder zurückgebracht." Alle schauten zum Himmel und sahen, daß diese Nacht kein Vollmond war. Doch Walhar sprach:
"Sorget Euch nicht, die Gesetze sind bereits teilweise außer Kraft gesetzt, da der "Eine" die Grenzen schon überwunden hat." Er erklärte ihnen alles was sie wissen mußten für die weitere Reise in ein Reich der Hölle, wie die Prophezeiungen es beschrieben.
Auf einmal lauschte er in die Stille, seine Augen wurden feucht. Er wieherte vor Freude.
Bald darauf kamen die Pferde aus den verschollenen Landen, angeführt von Eispferd, seiner Geliebten. Es gab ein heißes Wiedersehen. Zwischen Walhar und dem Eipferd schien ein ähnlicher Liebeszauber zu liegen, wie zwischen den beiden verliebten Menschen.
Sie begrüßten sich und schmusten miteinander. Miteinander galoppierend freuten sie sich des Wiedersehens. Die Lady nahm Puk lieb in die Arme und Lord Arcos hob ihn freundschaftlich auf seine Schulter. Er hüpfte mit ihm herum, als wollte er einen Tanz aufführen.
Lord Sariell rettete Puk vor dem fast kindlich anmutenden Lord Arcos und setzte den außer Atem geratenen Puk liebevoll ans Lagerfeuer. Fast zulange währte ihre Wiedersehensfreude, denn das Trappeln der Pferde aus den verschollenen Landen und die mahnende Stimme Walhars ließ sie aufbrechen...
Sie bestiegen die Pferde............

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reitet mit ins Totenreich