Stadt der Finsternis
(Sichtpunkt eines Kindes)

Nächtliche Schatten der Erinnerung drängen sich auf. Ich sehe Häuser - zerfallen, eintönig grau. Das letzte Lied, was spielt - etwas weiter - weiter weg - Moodie blues: "Night in white satin" ... Sehe über die Häuser der verkommenen Stadt, die zusammenfällt, weil die Gesichter zusammenfallen, sie genauso grau sind wie die Straße, auf der sie laufen. Es gibt keine Hoffnung, weder für die Stadt, noch die Straße, noch die Häuser und schon gar nicht für die Menschen. Sie laufen wieder, jeden Tag, obwohl sie instinktiv wissen, das es keinen Sinn hat, auf dieser Straße zu laufen, sie tun es, - weil man es von ihnen verlangt. Wohin wissen sie nicht und ich weiß es noch weniger, weil ich bin klein, erst 10/11 Jahre alt und ich beobachte nur. Sehe aus meiner "Zelle" nur die Welt aus dem "obersten" Stock des Hauses, dem dritten, der dann zusammenfiel, als wir auszogen. Aber dies, was ich gesehen habe, haben nicht alle sehen können - den Himmel, Wolken, den Sonnenuntergang und die Gewalten der Natur. Manchmal fürchtete ich mich, aber besser als im ersten Stock zu wohnen und nur öde, fahle Geschäfte und tote Gassen des Abends zu sehen und dann noch den Geruch von faulendem Fleisch und gärendem Blut in der Nase zu haben, von der Fleischerei im Hof. Nein, das will ich nicht - dann lieber hier, in der augenblicklichen Geborgenheit des Unwissens, des Unwissens darüber, in welchem Dreck man sich befindet. Verstehen eines Kindes - nagende Zweifel...-Warum? Warum ist alles so dunkel um mich herum, in dieser Stadt, wo die Natur doch was anderes zu bieten hat - und wo es doch Liebe gibt. Lerne zu lieben - liebe über alles und mit Moodie blues liebe ich weiter, gehe ich weiter auf dem Weg der Liebe. Kein Dunkel kann dies noch aufhalten. Das Herz ist allmächtig gegenüber dem Dunkeln, und der Kirchturm des kleinen Teils meiner überschaubaren Stadt, über den Dächern wird Zielpunkt meines Sehens - noch nicht begreifend, aber fühlend. Fühlend der Liebe...

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