Die Reise




Lange Zeit segelten sie, dieses Mal nach Westen,
die letzte der vier Himmelsrichtungen,
in die sie noch nicht aufgebrochen waren. Vorbei
an den Haifischinseln und den Piratenbergen, die sie
wohl noch von gelegentlich anlandenden Besuchern
her aus Erzählungen kannten.
Während des Abends, wenn das Schiff dem Sonnenuntergang
entgegenfuhr, erzählte Puk Lady Michelle von den Prophezeiungen,
in denen dem Elbenlande ein Schiff zugesandt werden sollte
zur Befreiung dessen und damit auch zur Wiedergeburt
der Phantasie in den Köpfen und Herzen der Menschen.
Er erzählte auch von der Erschaffung der Welt und Lady Michelle
hörte ihm aufmerksam zu. Des Nachts hatte sie eine Vision.
Am Abend, als das Schiff ruhig dahinglitt sprach sie von
von der Feuerwelt, die sie gesehen hatte.
Puk schaute Lady Michelle seltsam an, und meinte:

" Ja, Mylady, auch davon wird in den Prophezeiungen gesprochen.
Es soll dort einen großen Herrscher geben, der mithelfen würde
beim Kampf gegen das letzte böse Reich, welches an der Schwelle
der verschwundenen Lande liegt."

Lange saßen sie an dem Abend noch zusammen und schauten auf das Meer.
Immer fragten sie sich, wo dieses Land zu finden sei, welches wohl die erste
Station ihrer Reise sein sollte, wenn man den Prophezeiungen glauben konnte.
Diese waren, wie Puk sagte, in zwei Bänden verfaßt und eben mündlich
und auch nur teilweise überliefert.
Diese Nacht träumte Lady Michelle einen seltsam schönen Traum.
Sie erinnerte sich am späten Mittag, nachdem sie ihn immer und immer wieder
aufzurufen sich bemüht hatte, aber nun doch aufgestanden war, nur düster daran.
Es war ein Traum einer Liebe, einer Liebe eines Prinzen, eines Prinzen,
der in ihr Leben fiel wie gerade neu geboren, geboren für ihre Liebe.
Den ganzen Abend konnte sie an nichts anderes mehr denken
und verlor sich in Träumen.
Puk war mit den Erzählungen über die Prophezeiungen
so beschäftigt, daß er Lady Michelles gelegentliche Abwesenheit gar
nicht bemerkte. Erst als er die Nebelberge in seinen Erzählungen
erwähnte, erwachte sie wieder aus ihren Phantasien,
und ein eigenartiges Gefühl der Vertrautheit beschlich sie.
Ihr Herz klopfte auf einmal fürchterlich, doch sie konnte es sich nicht erklären.


Ein paar Tage später träumte Puk von einem Land aus Eis,
wo es wunderbare schnelle Pferde gab, die so schnell waren,
daß sie die Zeit durchreiten konnten.
An einem Morgen, Lady Michelle war heute früher wach als Puk,
sah sie über das blaue Meer und genoß den Zauber in ihrem Inneren,
der sie seit ihrem Traum beherrschte. Als könne sie durch das Meer hindurchschauen
sah sie auf einmal Delphine im Wasser. Erst zwei, doch es wurden immer mehr.
Sie weckte Puk und zeigte in die Tiefe.
Puk lächelte: "Wir haben liebe Begleiter, von jetzt an."

An einem der nächsten Abende, wie viele davon schon vergangen waren,
wußte wohl keiner von beiden mehr, erzählte Puk vom Reich der Toten,
wo das letzte Buch der Prophezeiungen aufbewahrt sein sollte.
Am Tage segelten sie von den Delphinen begleitet weiter und immer weiter
und noch war kein Ende in Sicht. Abends dann erzählte Puk von den Weissagungen.
Er hatte viel von seinen Vätern gelernt, denn er war sich der Verantwortung
bewußt, die auf ihm lag. Schließlich war er der letzte
seines Geschlechts, denn das Geschlecht der Gnome war ausgestorben.
Doch lag hinter allem noch eine viel ältere Geschichte,
die Geschichte seiner Vorfahren vor den Zeiten der Düsternis.
All das sollte im letzten Buch beschrieben sein.
Lady Michelles Visionen des Nachts trugen auch dazu bei,
daß beide immer noch der Hoffnung waren, auf dem rechten Weg zu sein,
denn sie sprach eines Abends über eine Drachenwelt,
welche in ihre Träume geraten sei, die auch in den alten Überlieferungen
als die letzte Hürde zu dem "Land zwischen den Welten"
beschrieben worden war.

"Irgendwann" meint Puk "erwähnte mein Großvater einmal kurz
ein braunes Land, doch welche Bedeutung es hat, ist nicht überliefert.

Nur die Geschichte der sterbenden Elfen, wurde oft erzählt,
die sich nur damit zu helfen wußten , die Welten auseinander gleiten zu lassen,
weil das Böse zu stark wurde. Sie weinten dann einsam und vergessen um die Welt.
Zwar waren sie jetzt sicher, vor dem Einfluß des Bösen, doch bei aller Schönheit
des Reiches verließ sie niemals die Traurigkeit über die Menschen in den Welten
draußen, da sie doch einmal alles geteilt, und mit den Menschen und Tieren friedlich
zusammengelebt hatten. So viele Geschichten zeugen von dieser Vergangenheit."
Puk seufzte: "..... Ach Lady Michelle, Ihr wißt, daß dies auch meine Erlösung wäre."
Sie nahm ihn lieb in den Arm und viele Dinge gingen ihm noch in dieser Nacht
durch den Kopf.

Sie träumte einen unruhigen Traum, wo Farben
und Konturen sich ineinander verschlungen,
als ob alles sich zusammenwirbelt auf der Suche nach Vereinigung.

"Auf den Dracheninseln war es früher friedlich..."
Der Kleine Puk lehnte sich über die Reling.
"..ein Urgroßvater meinte von einem seiner
Vorfahren erfahren zu haben,
daß die Königin selbst das Land der Drachen spaltete, es trennte;
denn sie wollte die Drachen, die sich mit dem Herrscher
des Bösen verbündet hatten, nicht weiter Macht ausüben lassen
auf die Geschöpfe, die friedlich auf ihrem Reich wandelten."

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