Der kleine Lichtrebelll (3)



Wieder einmal überkam den kleinen Lichtrebellen das Grübeln nach dem Sinn des Lebens. Und er suchte und suchte ihn, doch konnte ihn nirgends finden. "Warum bin ich ?" fragte er immer wieder. "Wonach soll ich streben? Welchen Weg soll ich wählen ?". Und er lief in den Wald und lief und lief und lief . Doch er konnte nichts finden, welches ihn wirklich weiterbringen würde. Also lief er nach Hause zurück und vergaß die Suche nach dem Sinn des Lebens.
Doch eines lichten Tages erschien der kluge Fuchs, eben jener kluge Fuchs.

"Mein Freund", so sprach er, "du suchest den Sinn des Lebens ? Doch wohin rennst du ? Lausch der leisen Stimme, die tief in Dir spricht. Du hörst sie kaum, denn sie ist sehr leis´ und andere sind viel lauter als sie. Doch wenn du aufhörst, ihr aus dem Wege zu gehen, wenn du loslässt und dich selbst erkennst, dein Wahres Ich, dann wirst du begreifen lernen und der Weg der Erkenntnis wird sich dir auftun, auf dass du ihn beschreiten mögest."

"Nun lieber Fuchs, du sprichst sehr weis´, doch leider auch der Rätsel voll. Was soll ich tun, wenn ich den Weg gefunden, doch nimmer weiß wohin ich laufen soll? Gibt es nur den einen, ist´s Straße, Gasse oder Pfad? Ich höre viele, die mir meinen den rechten Weg zu weisen, doch tief in mir, da wehr´ ich mich."

Der Fuchs lächelte und sprach: "Mein Freund, du bist bereits auf dem Weg. Und die Entfernung zur wahren Erkenntnis ist unwichtig, wenn du erst einmal auf dem Weg bist. Siehst du dort hinten das Moor? Es ist das Moor der Unwissenheit, der Finsternis. Und hinter jenem Moor wirst du finden die einzig wahre Erkenntnis, den Sinn Deines Seins. Viele Wege führen hindurch, noch mehr wieder zurück , doch die meisten enden in den Tiefen des Sumpfes dort, wo schon viele versunken sind und nicht mehr kehrten zurück ins Licht. Dein Weg jedoch, mein Freund, wird dich leiten durch das Tal der Tränen und den Sumpf des Verderbens, solange du nur der inneren Stimme gehorchst. Dir werden Boten und Wegweiser gesandt - doch hüte dich vor falschen Lichtbringern und Irrlichtern. Wähle klug und sieh mit dem Herzen genau hin. Denn viele glauben zu wandeln auf dem Pfad der Erkenntnis, doch wird dieser sie führen in die Irre und wieder andere werden dich bekehren wollen zu wandern auf ihren Pfaden, denn nur diese seien der wahre Weg. Hüte dich, deinen Weg zu verlassen, denn es ist nur dein Weg und nicht immer sind´s nur Dornen, die dich reißen und Dickicht, welches dir den Atem nimmt, wenn du abkommst vom Pfade deiner Erkenntnis. Es gibt viele Wege der Erkenntnis , ein jeder für jeden doch niemals einer für alle. Auch dein Weg ist allein dein Weg, drum zwänge ihn niemandem auf und verführe nicht jene, die wandeln auf anderen, ihren eigenen Wegen der Erkenntnis, denn sie werden beim Versuch, den deinigen zu beschreiten, versinken im Morast und Sumpf der Unwissenheit...."

Und der Junge, so klein er auch war, er begriff, was ihm gesagt wurde, denn sein Herz war beseelt voll Glück und Liebe. Er ließ sich fallen und beobachtete die Lerche, welche sich immer höher schwang und er saß auf derselbigen und schwebte empor. Doch dann wich das Himmelsblau dem Grün des Grases und eines Grashüpfers gleich erschaute der Junge die Welt . Doch der Halm, auf dem er noch eben gesessen, ward er selbst und die Libelle, die durch die Luft schwirrte, lies ihn im Windzug sich wiegen. Eins war er, eins mit der Natur, denn er war die Natur und die Natur in ihm. Noch während ihm die Sonnenstrahlen listig an der Nase kitzelten, schlief er zum ersten Mal im Leben mit einem glücklichen Lächeln ein . Der ferne Klang einer Sirene entriss ihn seinem Reiche, in welches er entfliehen und all die wunderschönen Dingen sehen konnte, die kein Aug auf Erden je erblickte. Die Angst ergriff ihn. Was würden wohl die Eltern sagen, wenn er zu spät heim kommen würde? Noch während er sich auf sein Rad schwang, suchte er den Fuchs, doch er suchte ihn vergebens und sollte ihn auch erst sehr viel später wiederfinden. Der Vater, der erboste, erwartete ihn schon zuhause und die Mutter sie schwieg , so wie sie immer schwieg und stumm zusah. Und nur der schöne Augenblick in seinem Herzen verhalf ihm über die Schmerzen hinweg. Doch was hatte er verbrochen? Die Eltern sagten, der Fuchs wäre böse und er selber noch viel böser, denn er hatte die Warnungen nicht hören wollen und war an die Stelle gefahren, die ihm doch verboten worden war. Wie konnte dieser liebe und drollige Fuchs, der ihm zum ersten Mal in seinem Leben hatte glücklich sein und Liebe spüren lassen, denn böse sein? Aber es sollte noch viel schlimmer kommen . Sonntags, da nahm ihn der Vater mit in ein großes Haus, welches so kalt und angsteinflößend war. Die Leute dort waren ganz ernst, einige trugen gar schwarze Gewänder. Monotones Gemurmel und seltsame Klänge ließen den Jungen erschaudern. Warum musste er mit? Was sollte er hier? Er würde doch viel lieber spielen gehen, auf der Wiese herumtollen und den lieben Fuchs wiedertreffen. Doch der Vater ermahnte ihn "Sitz stille und höre zu, auf dass Du von den bösen Geistern, die in Dir wohnen, befreit wirst." Doch der kleine Junge verstand die Welt nicht mehr. Auch die Tränen halfen nichts, doch es sollte erst der Anfang gewesen sein. Lange würde es dauern, wieder an den Ort zurückkehren zu dürfen, wo er sich frei und lebendig gefühlt hatte.

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