Ein ganz normaler Tag
Autor unbekannt


Eigentlich hätte es ein ganz normaler Tag werden sollen.
Ich befand mich auf dem Heimweg und fuhr kräftigen Trittes wie jeden Tag durch den Wald,
eben jenen Wald, der mir so vertraut geworden war .
Und noch immer begreife ich nicht, was mich bewog, vom Fahrrad abzusteigen
und mich an eben jenen Tümpel hinzusetzen, an dem ich wohl über 100 Mal so achtlos vorbeigeradelt war.
Und während ich so vor mich hinsaß und der Symphonie der Vögel lauschte,
überkam mich ein Schlaf und doch so schien es mir kein Schlaf zu sein.
Ich erblickte einen Jungen und der Traum, den ich sah, war Schwarz-Weiß
- alles schien in lebloses Grau getaucht zu sein.
Ich sah, wie eben jener kleine Junge, dessen Augen voll des Schmerzes schienen,
dem Glück seines Lebens hinterher jagte,
wie er leblos durch finstre Gassen schlich und die Stadt so bedrückend und sein Leben so sinnlos empfand.
Ich erblickte die Spuren, die sich in Körper und Geist eingebrannt hatte,
ich hörte den Vater wüten, ich konnte die Angst spüren, die stummen Schreie hören,
die Verständnislosigkeit begreifen, eben jene Verständnislosigkeit,
die sich in Wut und Hass niedergeschlagen hatte.
Die Leute, welche dem Jungen begegneten, sie waren gezeichnet vom Leben, sie trugen die Last des Seins.
Sie jagten der Logik hinterher und waren verbissen in ihrem Handeln und Tun,
denn Reichtum und Gier nach materialistischen Dingen hatte sie ergriffen und vergessen lassen.
Die Stadt erschien immer dreckiger und dunkler, die Mienen finster und leblos.
Doch plötzlich ward der Traum mit lichter Farbe gefüllt, mit Farben,
welche das Auge noch nie erblickt hatte.
Es erschien eine alte Frau, den Rücken gebeugt, doch das Gesicht voll des lichten Lächelns .
Nie würde er diese Augen vergessen...., Augen voll von Güte und unendlicher Herzlichkeit.
Als der Junge sie erblickte, erboste er und sprach
"Wie kannst Du nur so lachen, während die Welt so schlecht ist? Ja bist Du denn blind oder gar närrisch ?"


Doch die Frau lächelte und führte den Jungen zurück, eben zu jenem Zeitpunkt und Ort,
an dem sein Leben begonnen hatte. Die Eltern, die er erblickte, es waren dieselben
und doch so schienen sie anders, denn sie waren erfüllt mit lichter Liebe.
Er begriff nicht, was geschehen war, die Zensur des Intellektes, die ihn befangen hatte,
sie war verschwunden und er fühlte und lebte das, was er vergessen und geleugnet hatte.
Die Liebe.
Trübsinn und Schmerz waren mit einem Mal genommen, die Last von seinen Schultern gewichen.
Er erblickte sich selbst, sein wahres ich.
Er erschaute die Welt mit neuen Augen und tanzte durch die Strassen.
Und ein jeder, der ihm begegnet, der lächelte und freute sich mit ihm.
Der Bettler, der stumm dem Alkohol verfallen an der Strasse gesessen hatte,
er spielte mit einem Mal Geige und es ertönten Klänge von nie erhörtem Ausmaß -
Melodien aus längst vergessenen Zeiten.
Die Welt war dieselbe geblieben und doch war es eine gänzlich neue, die er erblickte.
Ein Lichtstrahl durchzuckte die Gasse, die einst so finster zu seinen Füßen gelegen hatte.
Er erblickte eine junge Frau von feuriger Gestalt, doch er erkannte sie am güldenen Lächeln wieder.
Augen voll unendlicher Güte und Herzlichkeit.
"Nun hast Du die Welt gesehen, eben jene Welt, die Du schon vorher gesehen hast.
Alles ist Zwei und doch Eins, Eins und doch Zwei. Lerne aus dem, was Du siehst, lerne zu sehen.
Lerne begreifen und reflektiere nur auf Dich, nicht auf andere, auf dass sie sich selbst reflektieren in Dir,
so wie Du Dich in ihnen widerspiegelst. Sei Du selbst und erkenne was Du nicht zu sehen vermagst.
Sei, was Du bist, sei LIEBE."
Noch während die letzte Silbe verklungen war,
kam ich zu mir und erschaute mein Spiegelbild im Wasser des Tümpels, an welchem ich noch immer saß.
Und während ich die Schwingungen in mir spürte, erblickte ich etwas, das nicht zu mir zu gehören schien.
Ein Lächeln und Augen, die waren voll Güte und Liebe, so fremd und doch so bekannt.
Augen, die ich schon so oft erschaut hatte. Ich sah hoch und mich um und dennoch schien ich alleine,
mit den Pflanzen und Tieren im Wald.
Ich fragte Wer bist Du?
Ich bin, was ich bin, ich bin....
Bedächtigen Schrittes ergriff ich mein Fahrrad und setzte den Weg da fort, wo ich ihn verlassen hatte.
Ich strampelte den Berg hoch, der Wind pfiff mir um die Ohren und ich wusste,
sie würden mich wieder auslachen, die Schubladen öffnen, denen ich doch längst entwachsen war .
Und ich sah wieder jene, die glaubten, sie alleine wären die Bewahrer der Wahrheit,
die einzige Wissenden und Erlösten,
denn das Wissen aus ihren Büchern schien ihnen die einzig richtige Lehre,
ich hörte jene hetzen deren Logik andere zu Narren, Verblendeten oder gar Verrückten machen würde,
denn sie waren der Zensur des Intellektes verfallen .
Doch ich wusste, alles war so gut, wie es war ....